Seit 2011 ist das Café-Restaurant himmel + erde ein himmlischer Treffpunkt im Herzen Itzehoes. Das Haus schräg gegenüber der St. Laurentii-Kirche hat eine lange Geschichte. Es zählt zu den Itzehoer Kulturdenkmälern. Im Volksmund wurde das Gebäude "Altes Katasteramt" genannt.
Das heutige Gebäude wurde 1709 vom damaligen Amtsverwalter und späteren Landvogt Nikolaus Heinrich Masius als Amtssitz und Wohnhaus erbaut. Seine Initialen und die seiner Ehefrau sind noch heute rechts und links vom Treppenaufgang zu sehen.
Die Geschichte des Grundstücks reicht aber noch viel weiter zurück. Bereits im 12. Jahrhundert soll hier ein Haus gestanden haben, eines der ältesten der Stadt. 1625 befand sich an dieser Stelle ein Adelshof mit eigener Gerichtsbarkeit. Besitzer war damals Henning Schestedt. Bei der Zerstörung Itzehoes im Dänisch-Schwedischen Krieg 1657 brannte der Hof ab. Das Grundstück lag während der nächsten Jahrzehnte brach, bis Nikolaus Heinrich Masius es erwarb. Auf Nikolaus Heinrich Masius folgten in den nächsten hundert Jahren weitere Besitzer.
Mit einem Legat der Äbtissin Ottilie Elisabeth von Ahlefeldt, die ihr gesamtes Vermögen dafür stiftete, erwarb 1818 das Kloster das Gebäude, um es als Waisenhaus und Mädchenschule zu nutzen. 1835 lebten hier zweiundzwanzig Kinder zwischen elf und fünfzehn Jahren. Nach Protesten der Nachbarn bezog das Waisenhaus neue Räume am Rande der Stadt.
Das Gebäude in der Kirchenstraße diente ab 1835 als Amtssitz und Wohnhaus der königlich-dänischen Amtmänner des Amtes Steinburg. Einer von ihnen war Ernst Christian von Harbou, der 1866 einzog und ein Jahr später erster preußischer Landrat wurde. Bis 1897 residierte in der Kirchenstraße 5 das Landratsamt, dann zog für fast ein Jahrhundert das Katasteramt ein.
Auch während dieser Zeit wohnten die Amtsleiter im Haus. Der erste von ihnen war der Vermessungsrat Paul Schmersow, der das Haus bis 1935 bewohnte. Seine Tochter Heinke erinnerte sich als 72-Jährige an turbulente Kindergeburtstage, bei denen ausnahmsweise auch die Kellerräume zum Spielen genutzt werden durften. Und daran, dass eines Tages der riesige Kachelofen des Hauses explodierte. Ihre Mutter spannte nach Arbeitsschluss Wäscheleinen in den Amtsstuben, die schön warm waren, um dort die Wäsche zu trocknen. Am nächsten Morgen bei Dienstbeginn musste alles wieder verschwunden sein.
1984 wurden schwere Schäden am Gebäude festgestellt. Der Hausschwamm hatte sich eingenistet, man befürchtete einen Einsturz. Die Mitarbeiter des Katasteramtes mussten das Haus innerhalb einer Woche räumen. Das Denkmalschutzamt gab es zum Abriss frei. Der jetzige Eigentümer Dr. Gunnar Thies rettete es vor diesem Schicksal, doch in den folgenden Jahren stand das Haus meistens leer.
Immer wenn Pastor Willfrid Knees von der gegenüberliegenden Kirche St. Laurentii das leerstehende Gebäude sah, träumte er davon, es mit neuem Leben zu füllen. Er sah ein Bürgerpalais vor sich, ein Haus der Begegnung und des Ehrenamtes. Die Chance kam im Sommer 2010, als die Glückstädter Werkstätten einen Teil des Gebäudes mieteten. Menschen mit Beeinträchtigungen sollten hier einen Arbeitsplatz finden. Im Laufe der Planung entstand die Idee, ein "Wohnzimmer für die Seele" zu schaffen und somit den alten Geist des Hauses neu zu beleben. Zahlreiche soziale und kirchliche Beratungseinrichtungen wurden ins Boot geholt und haben Büros im Ober- und Untergeschoss eingerichtet.
Das ehemalige Bürgerpalais wurde komplett renoviert. In der Beletage mit alten Lüstern und einem Kamin entstanden verschiedene Gasträume, eine Lounge und für junge Gäste das "kleine café" sowie ein Wickelraum. Die neue Küche entspricht allen Anforderungen der gehobenen Gastronomie. Die Räumlichkeiten sind heute größtenteils barrierefrei, ebenso die sanitären Anlagen. Alte Bausubstanz wie das wunderschöne originale Treppenhaus oder der Gesellschaftssaal im Obergeschoss (der heute Laurentius-Saal heißt und für private Feiern und Seminare gemietet werden kann) wurden erhalten, viele Fundstücke aus dem Haus wie Fotografien, Bilder und Leuchter wurden mit viel Liebe aufgearbeitet und haben ihren angestammten Platz wiedergefunden.
Heute erstrahlt das Haus im neuen Glanz und ist wieder voller Leben. Es ist "vielleicht im schönsten Zustand seit 100 Jahren", wie Dr. Thies während der feierlichen Eröffnung am 21. Januar 2011 sagte.
Wir wünschen unseren Gästen einen angenehmen, inspirierenden Aufenthalt.
Quellen:
Itzehoe - genauer hingesehen. Herausgegeben vom Arbeitskreis Itzehoer Geschichte und dem Gemeinsamen Archiv des Kreises Steinburg und der Stadt Itzehoe, o.O. 2005
Ulf Hans-Werner Wöbcke, Chronik des Katasteramtes Itzehoe. Ein Beitrag zur Katastergeschichte, o.O. 2005
Norddeutsche Rundschau, Flensburg, verschiedenen Jahrgänge
Hallo, Rendsburg, Juni 1990